12.12.2007 / 22:27 / Bettina Andrae liest: Meine wichtigsten Körperfunktionen (Jochen Schmidt)

Hormephobie. Oder: die Angst des Jochen Schmidt beim Schock (22-24)


Hier sieht man Schmidt von der Angst heimgesucht, als jemand gelten zu können, der gerade Wein trinkt und sich mit dem Ellenbogen knapp neben der Nachbarstuhllehne aufstützt
Sicherlich würde Schmidt es missverstehen, wenn ich ihm von den hervorragenden Mandelkern-Plätzchen zukommen liesse. Diese Verantwortungslosigkeit meinerseits könnte das Risiko einer Attacke direkt auf seine Amygdala bedeuten. Ich esse das Gebäck also besser allein, bei duftendem Punsch und einem Buch. Das muss ja nun mal sein.

Ängstlichkeit also ist Schmidts dritte von dreissig Körperfunktionen. So kurz wie möglich gesagt, geht es um Schmidts Ablutophobie, Acarophobie, Acerophobie, Achluophobie, Acidophobie, Acousticophobie, Acrophobie, Aelurophobie, Aeroacrophobie, Aeroacrophobie, Aeronausiphobie, Aerophobie, Agaraphobie, Agateophobia, Agliophobie, Agoraphobie, Agraphobie, Agrizoophobie, Agyrophobie, Aichmophobie, Ailurophobie, Akousticophobie, Albuminurophobie, Alektorophobie, Algophobie, Alliumphobie, Allodoxaphobie, Altophobie, Amakaphobie, Amathophobie, Amaxophobie, Ambulophobie, Amelophobie, Amnesiphobie, Amychophobie, Anablephobie, Ancraophobie, Anemophobie, Andraephobie, Androphobie, Anginophobie, Anglophobie, Angrophobie, Ankylophobie, Anophelophobie, Anthrophobie, Anthophobie, Anthropophobie, Antlophobie, Anuptaphobie, Apeirophobie, Aphenphosmophobie, Apiphobie, um seine seine Apotemnophobie und seine Aquaphobie. Letzteres ist übrigens die Angst davor, Wasser zu trinken, ferner um seine Arachibutyrophobie, seine Arachnaphobie, Arithmophobie, Arrhenphobie, Arsonphobie, Asthenophobie, Astraphobie, Astrophobie, Asymmetriphobie, Ataxiophobia, Ataxophobie, Atelophobie, Atephobie, Athazagoraphobie, Atomosophobie, Atychiphobie, Aulophobie, Auquaphobie, Aurophobie, Auroraphobie, Australophobie, Automysophobie, Autophobie und seine Aviophobie.

Während meiner Schmidt-Exegese bemerke ich eine Tendenz zur Angst vor dem Googeln von Phobien und desweiteren, dass es diese Angst anscheinend nicht gibt, jedenfalls ist sie nicht googlebar. Leide ich damit also gleichzeitig an einer Dreierkombination aus der Angst vor dem Googeln von Phobien, der, dass es diese womöglich gar nicht gibt, sowie an Xenoglossophobie? Beängstigend. Aber ich greife vor, weit vor sogar. Vermutlich wird es noch einiger Beiträge an diesem Ort bedürfen, um Schmidts dritter Körperfunktion in angemessenem Umfang Genüge zu tun.

Wenig täte ich lieber, als Schmidt die eine oder andere Angst zu nehmen, doch schon zwei Kapitel weiter naht Schmidts fünfte Körperfunktion: sein Geiz. Ich habe vor, mich nach Weihnachten diesem Kapitel zu widmen. Aber dazwischen liegt ja noch Schmidts vierte Körperfunktion: seine Anspruchslosigkeit.

24 von 144 Seiten

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12.12.2007 / 17:50 / Michaela Gruber liest: Über die Liebe (Stendhal)

Viererlei verschiedene Lieben (41-57)


Desire Resort, damals
Quelle: Rolf auf Flickr
Zu Beginn versucht Stendhal des flüchtigen Themas mit einer strengen Gliederung Herr zu werden und bestimmt, dass es vier Formen der Liebe gibt.

"4. Die Liebe aus Eitelkeit". Die allermeisten Männer, besonders in Frankreich, begehren oder besitzen eine Frau als ein zum Luxus erforderliches Ding, so wie man sich ein schönes Pferd hält.


Oder ein Auto, ein Haus, eine Yacht, und alles finanziert von der Sparkasse. Der Wert des zum Luxus erforderlichen Dinges errechnete sich nicht immer durch körperliche Kriterien, auch gesellschaftliche Stellung konnte punkten, was mit dem schönen Satz "für einen Bürger ist eine Herzogin nie älter als dreissig Jahre" illustriert wird.
Bei "3. Die rein sinnliche Liebe" wird mir bewusst, wie erschreckend wenig ich über Sozialverhalten und Fortpflanzungsstrategien des frühen 19. Jahrhundert weiss.

Auf der Jagd einem hübschen frischen Landmädchen nachstellen, das in den Wald flüchtet. Jedermann kennt die Lust einer solchen Liebe; wie blöd und ungeschickt ein Mensch auch sei, mit sechzehn Jahren fängt er damit an.

Ich unterdrücke den ersten Impuls, mir die Nummer der zuständigen Frauenbeauftragten für die Land- und Forstwirtschaft raussuchen zu lassen, und hoffe, dass es sich um ein damals beliebtes Gesellschaftsspiel handelt. Die haben sich ja früher auch als Schäfer und Schäferin verkleidet und fanden das toll.

Das Thema verfolgt mich. Beim Besuch von Doktor Scherer1 letzte Woche, stosse ich auf eine Publikation vom Sommer dieses Jahres, deren Titel zwar auf andere Forschungsgebiete2 verweist, die sich aber auf Seite 54 explizit mit der Materie auseinandersetzt3 . Sabrina, 39, über das Desire Resort in Cancun:

... waren die allgegenwärtigen Amerikaner das einzige, was dem Bild vom perfekten Erotikurlaub einen winzigen Riss zufügte: ihre oberflächliche, laute Art, ihr Liebesspiel, das ebenso beiläufig und belanglos wirkte wie ihre Konversation und die Stillosigkeit der Männer, neben ihrer atemberaubenden, sexy gekleideten Freundin in Bermudas und Schlabbershirt zum Dinner zu erscheinen.


Im Swinger Paradies in Mexiko wird nicht nur die rein sinnliche Liebe, sondern auch "2. Die gepflegte oder galante Liebe" gesucht. Stendhal beschreibt sie als ein Bild,

... auf dem unter keinen Umständen etwas unschön erscheinen oder gegen die Sitte, den guten Ton, das Feingefühl usw. verstossen darf.

In diesem Sinne vorbildlich erscheinen Sabrina die Europäer, die "durch Zurückhaltung brillierten und ihr Sexspielzeug dezent im Strandkorb versteckt hatten." Aber ist es wirklich klug, der galanten Liebe so viel Wert beizumessen? Stendhal:

... zieht man von dieser armseligen Liebe die Eitelkeit ab, so bleibt herzlich wenig übrig; sobald die Hülle fällt, ist sie nur noch ein mühsam sich hinschleppender Schwächling.

Dann doch lieber der schluffige Yankee. Zum Glück begegnet Sabrina der Kolumbianer Eric, der "nicht nur eine akademische Kultiviertheit, sondern auch eine entwaffnende Lebensfreude ausstrahlte", zweifellos eine unschlagbare Mischung.

Stendhal lässt später keinen Zweifel daran, dass für ihn "1. Die leidenschaftliche Liebe" allen anderen Formen überlegen ist, wenn nicht moralisch, so auf jeden Fall in ihrer Intensität. Auf das Wesen dieser Liebe geht er leider nicht näher ein, er setzt voraus, dass, wenn er die Namen "Hauptmann von Wesel", "Heloise" oder "Gendarm Cento" fallen lässt, jeder weiss, was gemeint ist.

1 Facharzt für Zahnheilkunde

2 Amica – Das Frauenmagazin für Mode, Stil, Lifestyle, Schönheit und Trends, Ausgabe August 2007

3 ebd. Der beste Urlaubs-Sex aller Zeiten

57 von 387 Seiten

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12.12.2007 / 12:23 / André Fromme liest: Esra (Maxim Biller)

Kurze Unterbrechung (78-78)


Visuelle Veranschaulichung von Bahngeräuschen.
Ich muss mich für den Mangel an neuen Beiträgen entschuldigen – die letzten 9 Tage über war ich im ersten Urlaub seit Ewigkeiten. Das heisst seit so ungefähr Oktober 2006, wenn ein Wochenendtrip nach München als Urlaub zählt.

Es ging nach Leipzig und ein weiteres Mal nach München. Städteurlaub also, und da bin ich vorsichtig mit ausgeliehenen Büchern (wir erinnern uns: »Esra« hat mir eine ehemalige Studienkollegin netterweise zur Verfügung gestellt). Erfahrungsgemäss altern Bücher auf Reisen schliesslich mit etwa dem Doppelten der normalen Buchalterungsgeschwindigkeit. Entsprechende Grafiken mit genauen empirischen Messdaten liefere ich bei Gelegenheit nach.

Worauf ich hinaus will – ich habe es leider nicht geschafft, auch nur ein weiteres Wort in »Esra« zu lesen.

Dabei hatte ich es sogar im Koffer dabei. Bloss: ich habe jetzt neben »Esra« noch angefangen, »The Crying of Lot 49« von Thomas Pynchon zu lesen. Reicht ja nicht, derzeit schon drei andere Bücher angebrochen zu haben (womit ich immer noch weit vom Niveau der Frau Passig entfernt bin). Aber praktisch besehen kann man nicht jedes Buch mit in Bus, Tram und U-Bahn, in verrauchte Kneipen oder in die Sauna nehmen. Allesamt Orte, welche für das frische und gesunde Aussehen von Büchern nicht förderlich sind. Geliehene Bücher (z.B. »Esra«, das noch dazu auf ebay schwindelerregende Preise erzielt), grossformatige Hardcover und sehr hübsche und sehr zu empfehlende Jorge Louis Borges-Ausgaben scheiden alle aus. Und sei es nur, weil sie den Rückweg von der Sauna im gleichen Rucksack wie das nasse Handtuch bestreiten müssten. Nicht so gut. Also muss etwas anderes herhalten. Vorzugsweise aus dem eigenen Regal und im Idealfall ein Paperback oder ein günstiges Hardcover aus einer dieser inzwischen so ungemein inflationären Zeitungsverlags-Sondersammelausgabenreihen, dem aufgrund einer gewissen Seelenlosigkeit ein paar Eselsohren und Wasserflecken gar nicht schlecht stünden. Ich habe mich letztlich für Pynchon entschieden, weil »The Crying of Lot 49« nicht nur ein belastbares Taschenbuch, sondern auch noch schön kurz (126 Seiten) ist. Das für britische und US-Ausgaben nicht untypische unsaubere Druckbild kann man da mal ignorieren. Nicht, dass man eine Wahl hätte.

Dies als kurze Erklärung und Entschuldigung vor dem nächsten Statusbericht meiner »Esra«-Lektüre. Thomas Pynchon konstruiert zwischenzeitlich übrigens unglaublich lange Sätze, für die ich bis zu vier Durchläufe benötige. Ein klarer Unterschied zu Maxim Biller.

Bei der Pynchon-Lektüre gehört:
Strassen- und U-Bahn-Geräuschkulisse (2007)

Noch so mitbekommen:
• Im Leipziger Hugendubel will man auch die schon abgegriffenen Ansichtsexemplare hochpreisiger Forster-Bände nicht als preisreduzierte Mängelexemplare herausgeben.

78 von 213 Seiten

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11.12.2007 / 21:31 / Aleks Scholz liest: The Road to Reality (Roger Penrose)

Der Gödel-Wettbewerb (357-382)


Besessenheit (Foto, Lizenz)
Zurück zu Penrose. Kapitel 16 darf auf keinen Fall ignoriert werden, denn es enthält zum einen Cantors Diagonalargument, mit dem man beweisen kann, dass es zwischen eins und zwei mehr als unendlich viele Zahlen gibt, was man immer mal wieder braucht. Leider verausgabt Penrose sich mit einer schwierigen Variante, obwohl es eine wunderschöne volkstümliche Version gibt, die einen im Geiste ein Kontinuum umarmen lässt.

Zum anderen sind wir jetzt endlich zurück bei Gödels Theorem. Mein privates Schicksalsband mit Gödel* wurde anderswo beschrieben; hier soll es um Gödels Rolle für die moderne Esoterik gehen: Gödel + esoteric = 27.600 Googletreffer. Gödels Theorem ist, was falsche Wiedergabe in der ausserfachlichen Sekundärliteratur angeht, etwa auf gleicher Höhe mit der speziellen Relativitätstheorie und der Unschärferelation und gehört damit zu den grossen Missverständnissen des 20. Jahrhunderts. Nun kann man, das behaupte ich jetzt mal, theoretische Physik und moderne Mathematik einem breiteren Leserkreis nicht richtig erklären. Immer wird man platte Vereinfachungen verwenden müssen, mit anderen Worten: Fehler. Populärwissenschaft ist eben ein schmutziges Geschäft und nur wenige sind dem gewachsen. Gödels Theorem jedoch bietet zusätzlich den Vorteil, dass es in platter Vereinfachung zu irrsinnig warmherzigen Welterklärungen Anlass gibt.

Oft liest man zum Beispiel, Gödel hätte bewiesen, dass man mathematische Sätze nicht beweisen kann. Anders ausgedrückt: Mathematik ist immer falsch. Noch eine Stufe weitergedreht: Rationales Denken, das zeigt Gödels Satz, funktioniert überhaupt gar nicht und man muss die Probleme der Welt anders angehen. Das ist natürlich totaler Quatsch, aber sehen Sie? In wenigen Sekunden von harter Mathematik zu einer neuen Religion, mit der man bei Frauen angeben kann. Das Problem mit Gödels Zeug: Wenn man es richtig hinschreibt, versteht es niemand.** Deshalb versuche ich es hier gar nicht erst, weise aber darauf hin, dass es nicht einfach ist.

Ich würde gern herausfinden, wie man Gödels Theorem noch anders falsch formulieren kann. Man muss es sich so vorstellen: Durch die Komplexität des Gödelschen Arguments wird ein vieldimensionaler Raum an fehlerhaften Interpretationen aufgespannt, der, so vermute ich hier, unendlich ist. Das bedeutet, es gibt unendlich viele, aber doch mindestens sehr viele falsche Interpretationen von Gödels Satz, von denen ich gern mehr wissen würde. Die bizarrste falsche Formulierung des Theorems gewinnt irgendwas, z.B. drei Bücher von TC Boyle (mathematisch einfach).

* "Als er noch ein kleiner Junge war, hatte man ihn »den Herrn Warum« genannt." (Quelle)

** "Niemand" im üblichen Sinne von "nur einige Mathematiker".

382 von 1049 Seiten

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11.12.2007 / 17:51 / Kathrin Passig liest: Alles (von allen)

Gay Talese: Honor Thy Father (3-16)

Nach jahrelanger Sopranos-Pause bin ich dank Jochen Schmidt an der Stelle wieder eingestiegen, an der ich mich damals verabschiedet hatte: in der Mitte der zweiten Staffel. Schliesslich muss ich noch vor Neujahr 2008 wenigstens einen meiner drei Neujahrsvorsätze 2007, "verpasste Serien sehen", in die Tat umsetzen. Die anderen beiden habe ich zum Glück vergessen, einer davon könnte "weniger arbeiten" gewesen sein, den wird man dann wohl per Übertrag ins neue Jahr mitnehmen müssen. Beim Wiedersehen mit den Sopranos kann ich meinen damaligen Überdruss verstehen, denn die zweite Staffel guckt sich über weite Strecken wie Lindenstrasse. Die letzte Folge allerdings entschädigt für alle erlittene Unbill. In der dritten geht es so ähnlich weiter, schlimmes Familiengekeife durchmischt mit gelegentlichen Highlights. Immerhin stirbt Livia Soprano, so dass nur noch ungefähr zehn schwer erträgliche Gestalten bleiben. Das ist in "The Wire" anders, da gibt es keine unsympathischen Figuren. Von "The Wire" wieder auf die Sopranos umzusteigen fühlt sich an wie der Schritt beim Verlassen des Laufbands, aber was soll man machen, die fünfte "The Wire"-Staffel läuft erst im Januar an.

Einem Newsweek-Beitrag von Gay Talese über das Leben der vier Bonanno-Kinder (Link zur Zusammenfassung) lässt sich entnehmen, dass die Söhne Salvatore und Joseph zwar Freunde der Serie sind, Tony Soprano aber für "a vulgar low-life" halten, dem "the courtly shrewdness and dignified demeanor" ihres Grossvaters Joseph Bonanno fehlen. "Honor Thy Father", Gay Taleses Reportage über die Bonanno-Familie, ist 1971 erschienen, und Talese hat damit irgendeine neue Form des Journalismus mitbegründet, na gut, ich kann auch nachsehen: Es war der New Journalism. "After this piece, many magazine editors tacitly accepted the writer's technique of writing about the creating and compiling of the story itself, rather than simply writing about the subject." So steht es in Gay Taleses Wikipedia-Eintrag, und das ist ermutigend, denn schon habe ich viel Platz vertan, ohne auch nur einen Halbsatz über den Inhalt des Buchs zu verlieren. Immerhin wird gleich auf der ersten Seite Joseph Bonanno senior im Beisein seines Anwalts und auf offener Strasse von zwei bewaffneten Männern entführt.

Die Bonanno-Familie steckt aufgrund von Wiretapping in Schwierigkeiten; noch ist unklar, von welchem Jahr die Rede ist. Tony Soprano wird vom FBI noch ausführlich abgehört, während in "The Wire" mit Wiretapping schon nicht mehr viel zu wollen ist, weil die Betroffenen ihre Handys alle fünf Minuten wegwerfen. Nach 40 Sekunden müssen die Abhörenden in beiden Serien entscheiden, ob das mitgehörte Gespräch relevant oder rein privat ist. Ich wüsste gern, ob das den Tatsachen entspricht und falls ja, warum Verbrecher ihre Gespräche nicht mit 40 Sekunden belanglosem Gerede einleiten. Danach scheint sich ein unbelauschtes Zeitfenster von zwei Minuten aufzutun, was ja wohl für etwa fünfzig handelsübliche Mordbesprechungen ("Take care of it." – "I'm on it.") reicht.

Sowohl bei den Sopranos als auch in "The Wire" kann man Nützliches über Prokrastination lernen: Klar umrissene Sanktionen und regelmässig statuierte Exempel verringern die Wahrscheinlichkeit, dass herumgetrödelt wird. Deadlines unter Dealern und Mafiosi heissen nicht ohne Grund so, und man darf zwar ab und zu Geldumschläge abliefern, die nicht den vereinbarten Betrag enthalten, aber dann werden bis nächsten Freitag hundert Prozent Zinsen fällig. Dazu kommt ein laxer Umgang mit Steuergesetz und Schwarzarbeit; organisierte Verbrecher führen ein vorbildlich vereinfachtes Leben. Kein Wunder, dass man so selten von unorganisiertem Verbrechen hört.

Auf der letzten Seite des ersten Kapitels betätigt der zweijährige Joseph Bonanno junior (der später Kinderarzt wird und oben mit seiner Meinung zu den "Sopranos" zitiert ist) beim Herumkrabbeln im Esszimmer der Bonannos versehentlich den Abzug eines an die Wand gelehnten Gewehrs. Der Schuss dringt durch die Decke ins Obergeschoss, wo er den schlafenden Joe Magliocco nur knapp verfehlt. Magliocco stirbt zwei Wochen später an einem Herzinfarkt. Ach, ach, ach, der Kindheit unschuldige Spiele.

Prokrastinationsbuch: 25 von 200 Seiten geschrieben.


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