13.11.2007 / 18:05 / Murmel Clausen liest: The Kid Stays in the Picture (Robert Evans)

To see or not to see (1-1)


Das sehen Filmschaffende, wenn sie Proust lesen
Wir Filmschaffenden lesen Bücher nicht wie normale Menschen, denn wir haben eine ausserordentliche Gabe, die uns hilft, während des Lesens Filmideen zu kreieren. Die bildliche Vorstellungskraft. Wir können uns ein innerliches Bild von einem Garten machen, den zum Beispiel ein Herr Proust beschreibt. Vor unserem inneren Auge sehen wir den Garten tatsächlich. Das ist ein enormer Vorteil gegenüber dem Normalleser, der lediglich die Tatsache wahrnimmt, dass 30 Seiten lang Wörter zum Thema Garten stilvoll aneinander gereiht wurden. Er legt daraufhin das Buch weg, weil ihm langweilig geworden ist, wir hingegen überlegen, eine Gartendokumentation zu machen, verwerfen die Idee und lesen auch nicht weiter.

Daher kommt auch mein Problem mit Büchern über Hollywood: ich habe zu viele Filme nicht gesehen und dementsprechend bei ihrer Erwähnung kein Bild vor Augen. Deswegen habe ich "Easy Riders, Raging Bulls" von Peter Biskin abgebrochen, der auf jeder Seite mindestens zwei Filme aufführt, von denen ich in meinem Leben nichts gehört, geschweige denn gesehen habe. Robert Evans hingegen hat bis 1993 ausnahmslos Filme produziert, die ich kenne. The Godfather, Rosemary's Baby, Chinatown, Marathon Man, Popeye, The Cotton Club, The Two Jakes und Sliver. Was danach kam, ist nicht der Rede wert, zumindest nicht hier, denn sein Buch erschien 1994. Ich gehe also davon aus, dass ich während der Lektüre nicht ständig zur Videothek rennen muss, um mich neben Evans Autobiographie auch noch mit seiner Filmographie vertraut zu machen.

Evans leitet sein Buch mit dem Satz ein:

"There are three sides to every story: yours ... mine ... and the truth."

Im Gegensatz zu Ihnen sehe ich Robert Evans nun vor mir. Supatopcheckerbunny meets Hollywood. Gute Filmidee.

1 von 462 Seiten

Murmel Clausen / Dauerhafter Link / Kommentare (3) / Buch kaufen und selber lesen