25.03.2010 / 08:18 / André Fromme liest: Axolotl Roadkill (Helene Hegemann)

Nicht mehr ganz so frisch von der Strasse

Meine Freundin hat sich nach Durchsicht meines vorherigen Beitrags beschwert, dass man darin ja nichts über »Axolotl Roadkill« erfährt.
Schlimm. Aber auch egal. Mifti kotzt derweil zum x-ten Mal, in diesem Fall neben das eloxierte Aluminiumkeyboard ihres Bruders. Überhaupt ist Mifti permanent drauf. Eigentlich nebensächlich, wodrauf genau. Das verschwimmt vor meinem Auge genauso wie Mifti es nicht mehr klar kriegt. Sie lebt in einer Art institutionalisiertem Ausnahmezustand, ein bisschen wie Christiane F. mit einem tragfähigen finanziellen Sicherheitsnetz.

Im Verhältnis zu ihrem Umfeld wirkt sie dabei sogar noch relativ gesund. Wenn auch nur dadurch, dass sie eigentlich komplett überfordert ist. Vom Alkohol, den Drogen, den Körperflüssigkeiten, dem Sex – der Frage, was die Welt eigentlich von ihr will. An der Frage haben sich auch andere schon abgearbeitet. Oft reflektiver als Mifti es zwischen Schulverweigerung und Erbrechen tut. Aber »Axolotl Roadkill« ist auch weniger auf philosophische Erkenntnis aus, als auf die möglichst frisch zu Papier gebrachte Beschreibung teenagerlicher Überforderung. Im Buch erklärt Miftis Bruder ihr nach der Lektüre ihres Manuskripts, dass sie schreibe wie ein angefahrenes Tier. Das passt.
Eben dafür mag ich das Buch, trotz der unvermeidlichen Plattitüden, die sich ergeben, wenn man versucht, Jugendsprache zu verschriftlichen.

Als einzig lösenden Moment bietet das Buch einen wohl katharsisch gemeinten Brief an, der versucht, das komplizierte Verhältnis zwischen der toten Mutter und ihrer Tochter abzuschliessen. Ich muss allerdings gestehen, dass eben diese Hintergrundgeschichte mich schon das ganze Buch über einigermassen kalt gelassen hat, Parallelen zur Biographie der Autorin hin oder her.
Aber das macht nichts. »Axolotl Roadkill« war stellenweise nervig und überkandidelt; mein Leseerlebnis als Bild ist eine Parmesanreibe, die mir über's linke Schienbein gezogen wird. Merwürdig, dass ich das gut finde.

André Fromme / Dauerhafter Link