09.07.2010 / 16:54 / Kathrin Passig liest: The Shock of the Old (David Edgerton)

Mühsame Fortschritte


Alles meins, meins!
Inzwischen besitze ich Haftmarker in mehreren Grössen und mit praktischem Lesezeichenclip, aber bei "The Shock of the Old" ist das alles keine grosse Hilfe. Auf jeder Seite stehen zahllose schöne Fakten über Atombomben, Ochsen, Spinnräder, Traktoren und Eternit, aber wenn ich am Ende der Kapitel versuche, eine zusammenhängende Idee dahinter zu erkennen, scheitere ich. Vielleicht ist es die Hitze, vielleicht liegt es an David Edgerton. Was ich bisher dazugelernt habe, ist bescheiden:

- Eventuell (d.h. wenn Edgerton recht hat) war der Einsatz von Atombomben im Zweiten Weltkrieg weder billiger noch effizienter als konventionelles Bombardieren. Eventuell wären die Deutschen besser beraten gewesen, zum Preis der V2 stattdessen 24.000 Kampfflugzeuge zu bauen. Eventuell stimmt auch die Geschichte von der Kriegsverkürzung durch den Einsatz von Atombomben in Japan nicht, aber da wüsste ich dann doch gern mehr, als Edgerton auf zwei Seiten erklärt, bevor ich mich mit Scot Stevenson von USA erklärt anlege.

- Im Zweiten Weltkrieg kostete es 500 Millionen US$, eine Stadt auf die eine oder andere Art zu zerstören. Ist ja auch nützlich, da mal konkrete Zahlen zu kennen, bevor man leichtfertig beschliesst, irgendwas zu bombardieren.

- Eine neue Technologie muss sich nicht an einem Paralleluniversum messen lassen, in dem gar nichts Vergleichbares existiert, sondern an ihren Alternativen. Im Vergleich zu diesen Alternativen sehen Technologien offenbar zu jedem Zeitpunkt nur wenige Prozent besser aus.

- Nach einer Studie von 2003 gab es zu diesem Zeitpunkt in Grossbritannien unbenutzte Haushaltsgeräte im Gegenwert von 3,2 Milliarden Pfund, darunter 3,8 Millionen brachliegende Fonduesets.

- "Much of the discourse on technology is a commentary on philosophical and other writings on technology. There is a danger that descriptions of technology turn into realities which are used to explain the nature of modern society."

- Es gibt ein Wort für "maintenance engineering": Terotechnology.

- Reparatur- und Wartungsarbeit existiert losgelöst von der Massenproduktion und hat wenig bis gar nichts mit ihr zu tun.

- Wenn eine Fertigungsanlage komplett durchautomatisiert wird, kann es passieren, dass die zusätzlich entstehenden Wartungskosten die Arbeitsersparnisse übersteigen. Vielleicht hat Michael Brake doch recht mit seiner Zukunftsvision einer Systemadministrokratie.

Nutzen für den Innovationsvortrag bisher: Keiner bzw. ein negativer, denn ich weiss jetzt weniger als vorher. Was natürlich immer gut ist, nur nicht gerade dann, wenn man einen halbstündigen Vortrag halten soll.

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