15.06.2010 / 13:47 / Monika Scheele Knight liest: Klagenfurttexte

Kein Verlangen nach Drachen

Es ist natürlich überhaupt nicht Verena Rossbachers Schuld, wenn ich Satzzeichen zum Lesen brauche, das muss ich vorausschicken. Es ist meine eigene Schuld, wenn ich neben dem Lesen das Kind bade und darum dem Auseinanderhalten von Fliesstext und Dialog keine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken kann. Das kann man Verena Rossbacher nicht anlasten, aber generell finde ich es als Leserin schon schön, wenn mir ein Autor ein bisschen hilft.

Nundenn, ich habe dann weitergelesen, als das Kind im Bett war, "Verlangen nach Drachen" heisst Rossbachers Roman. Er wird bevölkert von lauter kauzigen Typen, so ein ganz kleines bisschen muss man an Herrn Lehmann denken, liegt auf der Hand bei der ersten Szene, die in einem Lokal spielt, dessen Besitzer die Tür offen lässt, aber alle Gäste wegschickt, nur sind die Charaktere bei Sven Regener ja gerade nicht wirklich kauzig, oder nur so ein kleines bisschen, die bleiben einem dabei immer sehr vertraut, und diese Balance stellt sich in "Verlangen nach Drachen" überhaupt nicht ein. Soll sie wohl auch nicht, denn es ist von "Originalen" und "Unikaten" die Rede, der Text geht bewusst ins Absurde, der Protagonist wechselt ständig seine Identität, einmal hat er acht Klaviere auseinander genommen, um "den fehlenden Ergänzungston zu finden, der die Verstimmung wieder zum Einklang mit den Schöpfungsharmonien bringen soll." Da hiess er noch Prohaska, später Roth und dann Grün.

Im Klappentext heisst es über die Charaktere des Buches: "Alle faszinieren durch Eigensinn, ausgefallene Interessen und charakterliche Unausgewogenheiten. Verena Rossbacher fesselt den Leser mit einer Geschichte, die um Liebe, Entwicklung und Verwandlung kreist, und mit ihrer Fähigkeit, die Figuren durch ihre Sprache kenntlich werden zu lassen." (Im Original-Klappentext alles in Grossbuchstaben.) Mich hat das leider nicht gefesselt, bis zum "Steinesammler, Floristen und Universalautodidakten Lenau", der im Klappentext angekündigt wird, habe ich es nicht mehr gebracht. Aufgabe nach ca. 60 Seiten, tut mir leid.

Unklare Praxis: "Grün wachelte mit der Zeitung."

60 von 443 Seiten

Monika Scheele Knight / Dauerhafter Link / Kommentare (3)


Kommentar #1 von Wacheldachel:

Wacheln ist so was wie Fächeln, nur näher an Wackeln und Wehen und weniger schawuhl konnotiert.

15.06.2010 / 13:48

Kommentar #2 von Wahlwiener:

"Wacheln" ist einfach Österreichisch für "Wedeln, Winken" – nix "schawuhl konnotiert"...

01.07.2010 / 10:43

Kommentar #3 von Möchtegernleser:

Konnte den Roman auch nicht zu Ende lesen und habe mich selten derart über die einhellige Begeisterung der Kritik gewundert.

01.07.2010 / 10:44