30.10.2008 / 13:12 / André Fromme liest: Bücher (von Autoren)

Auf und für immer davon (49-62)


Scharbock adé. (Bild: bascht, Lizenz: CC 2.0)
Georg Forster war Sauerkraut-Fan. In seiner »Vorrede« zur eigentlichen Beschreibung der »Reise um die Welt« wird er nicht müde, die Vorteile des guten deutschen Sauerkrauts zu preisen, von dem die Verpflegungsspezialisten der englischen Krone in ihrer Weisheit unzählige Fässer in den Bäuchen der beiden Schiffe HMS Resolution und HMS Adventure verstaut hatten.

Sauerkraut ist – wie auch die Engländer finden – prima gegen den Scharbock, hält ewiglich und schmeckt vorzüglich, wie Forster nicht müde wird zu betonen. Aufgrund seiner Zeilen halte ich ihn inzwischen allerdings für einen derart grossen Sauerkraut-Fan, dass ich mir nicht sicher bin, ob die Engländer wirklich so begeistert vom deutschen Sauerkraut waren wie Forster es darstellt.

Die Wirklichkeit sah vermutlich so aus: Forster fragt beim Essen alle zwei Minuten nach, ob dieses deutsche Sauerkraut nicht sagenhaft sei. In den ersten Tagen lässt man sich hierüber noch auf Diskussionen ein, lernt daraus aber schnell und nickt bald auf Forsters Drängen hin nur noch freundlich. Einige werden sogar etwas keck und loben das Sauerkraut über den grünen Klee hinaus – um dann, sobald Forster sich zufrieden und mit stolzgeschwellter Brust seiner eigenen Portion zuwendet, den Teller mit einer eleganten Handbewegung über Bord zu befördern. Die der Bordwand abgewandt Sitzenden haben, um Sauerkrautflugunfälle zu vermeiden, recht bald einige der Bordratten darauf trainiert, Sauerkraut zu vertilgen. Zur Hilfe kommt ihnen dabei, dass Ratten relativ einfach konditionierbar sind und sich obendrein nicht erbrechen können.1

Nach diesen kulinarischen Beschreibungen folgt nun endlich das erste Hauptstück – die »Farth von Plymouth nach Madera«. So hofft man jedenfalls, doch vor der ersehnten Abfahrt wird die Geduld der Mitreisenden auf eine harte Probe gestellt – die Fahrtbefehle wie auch Captain Cook höchstselbst müssen zunächst noch eintreffen, bevor man in See stechen kann. Zum Zeitvertreib schaut man sich die Zinnbergwerke der Gegend um Plymouth an, wo man »Vergnügen und Unterricht« findet. Daran kann sich noch heute jede Schülergruppe auf Klassenfahrt ein Beispiel nehmen. Kaum zehn Tage später, am Montag, dem 13. Juli 1772, segeln die Resolution und die Adventure gemeinsam ab, was Forster mit den folgenden unsterblichen Worten beschreibt:

Ich kehrte einen Abschieds-Blick gegen Englands fruchtbare Hügel zurück, und lies dem natürlichen Gefühl der Verbindungen, woran mich diese Aussicht erinnerte, freyen Lauf [...]

Dem mag ich kaum noch etwas hinzufügen.

Einige Tage später scheinen Forsters Tränen getrocknet und er ist nachgerade empört über das weibische Verhalten der beiden königlich-britischen Schiffe gegenüber einer kleineren spanischen Flotte. So sehr Forster ja in der Fremde auch Feingeist sein mag, so sehr scheint er im heimischen Europa dafür zu sein, dass man sich gegenseitig auch ruhig mal zeigt, wo der Bartel den Most holt.

Das kann noch eine spannende Weltumseglung werden.

1 Bevor sich hier jemand darüber beschwert, ich betreibe hier Anti-Sauerkraut-Propaganda: ich persönlich mag Sauerkraut ganz gern, halte es aber für etwas, womit man aufgewachsen sein muss, um es gut zu finden. So ähnlich wie Vegemite oder Marmite also.


Kommentar #1 von elinor:

Hach, endlich geht's los bzw. weiter. Ich freu mich so.
Heisst das tatsächlich "Fartbefehle", oder war da zu viel Sauerkraut im Spiel?

31.10.2008 / 17:47

Kommentar #2 von André Fromme:

Letzteres natürlich. Womit wir bei der Frage sind – korrigiere ich das jetzt oder lasse ich es, weil der Kommentar sonst nicht mehr verstanden wird?
Die nächsten Folgen des Forster-Berichts lassen jedenfalls wohl nicht wieder 3 Monate auf sich warten. Wobei ja auch Teil 2 der Ring-of-Kerry-Rundfahrt bei Gelegenheit zu seinem Recht kommen musss...

31.10.2008 / 19:13