04.02.2008 / 13:14 / Aleks Scholz liest: The Road to Reality (Roger Penrose)

Im Zigzag durch den Dirac-See (627-654)

Oktober 2007. In Oberschan/Schweiz findet die Konferenz "Physik im Wandel" statt. Eingeladen hat die Odermatt-Walter-Universität, gegründet vom Schweizer Forscher Professor Walter Odermatt*. Die OWU ist die einzige Universität weltweit, an der das korrekte Weltbild gelehrt wird, unbestritten eine wichtige Errungenschaft. Der Kongress ist einfach strukturiert, stundenlange Vorträge von Odermatt, Mittagessen, dann weiter mit Odermatt. Es geht darum, dass die moderne Physik am Ende ist. Die Widersprüche zu gross, die Experten drehen sich im Kreis, die fundamentalen Probleme ungelöst. Quantenmechanik und Relativitätstheorie weiterhin nur leblose Hüllen, so ganz ohne korrektes Weltbild. Drei Tage lang wird der Paradigmenwechsel beschworen. Physiker sind keine anwesend.


Schmutzige Tricks (Foto: Jan Bölsche)
Genau wie die Anthroposophen um Odermatt bin ich an einem toten Punkt angelangt, leider jedoch ohne mir einbilden zu können, über ein korrektes Weltbild zu verfügen. Das Standardmodell der Teilchenphysik (Kapitel 25), seit etwa vierzig Jahren das beste Modell, das wir haben, enthält drei "Generationen" Teilchen, insgesamt so 24 Sorten an kleinen Dingern und Antidingern, in verschiedenen Geschmäckern und Farben. Siebzehn fundamentale Parameter lässt das Standardmodell unerklärt, z.B. die Massen von Elektron und Proton, und die Schwerkraft kommt auch nicht darin vor. Das Modell funktioniert ansonsten wundervoll und liefert zuverlässige Vorhersagen für eine Vielzahl von, naja, exotischen Lebenslagen. Wenn man nichts davon versteht, entsteht trotzdem der Eindruck, es wäre etwas schiefgelaufen. Statt die Wirklichkeit zu beschreiben, beschreiben wir Messergebnisse, und zwar mit sehr aufwendigen theoretischen Tricks. 24 Teilchen mit Farben? Was soll daran bitte fundamental sein? Statt das Kaninchen wirklich verschwinden zu lassen, verstecken wir es einfach unter dem Hut und machen unschuldige Gesichter.


Die Welt ist ein Schlammbad
(Foto: Jan Bölsche)
Aber natürlich ist das lediglich ein Zeichen meiner Ignoranz und schon bald werde ich damit anfangen, Tagungen auszurichten, bei denen ich der einzige Redner bin. Darum jetzt für eine Planckzeit elementare Gedanken aus dem Institut für Lyrik und Quantenfeldtheorie:

Typically a zig particle becomes a zag, and the zag then becomes a zig, this zig becoming a zag again, and so on for some finite stretch.

Das Elektron ist in Wahrheit zwei Teilchen, die unablässlich ineinander übergehen. Eines bewegt sich hin (zig), das andere her (zag), und mit Hilfe der kombinierten Zitterbewegung kann man tatsächlich einiges erklären, was vorher unerklärt war. So are these zigs and zags real? Hier gibt es noch eine klare Antwort, sie lautet: Vielleicht. Nun zum wirklichen Problem: But is this real 'reality'?

Schachmatt. Oder?

* auch eine Art, wie man zur Professur gelangen kann: sich selbst berufen

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Aleks Scholz / Dauerhafter Link / Kommentare (15) / Buch kaufen und selber lesen


Kommentar #1 von R.K.S.:

Die Realität ist verwirrend, aber dieser Text ist klar und eindeutig. Sehr bemerkenswert. Danke.

04.02.2008 / 13:33

Kommentar #2 von Frau Grasdackel:

Wie hat Falco so schön gesagt: "Die Realität ist eine Halluzination, welche durch die Abwesenheit von Alkohol entsteht."
Übrigens Herr Dr. Scholz, haben Sie und Frau Passig Ihre Schlammkleidung eigentlich gewaschen oder doch lieber gleich weggeworfen? Oder vielleicht getrocknet und als Andenken aufgehängt?

05.02.2008 / 02:57

Kommentar #3 von Aleks:

Trocknen und aufheben scheidet aus, denn auch trockener Pferdekot stinkt. Wegwerfen kommt natürlich auch nicht in Frage. Warum fragen Sie, sind Sie Hausfrau?

05.02.2008 / 12:35

Kommentar #4 von Frau Grasdackel:

Als ich die Fotos sah, musste ich sofort an meine Waschmaschine denken, die momentan nicht heizt (PGS-Kontakte sind glaub ich durchgeschmort). Aber bei der Vorstellung, die ich von Ihnen habe, Herr Dr. Scholz, dachte ich mir eigentlich schon, dass Sie Ihre Kleider gewaschen haben.
Ja, manchmal bin ich auch Hausfrau, meist jedoch nur durch Selbstüberlistung anhand eines ausgeklügelten Belohnungssystems (die halbselbstgemachte Zitronencreme im Kühlschrank darf nur dann gegessen werden, wenn der Wäscheberg gebügelt ist oder das Badezimmer wieder schön glänzt).

06.02.2008 / 01:13

Kommentar #5 von Aleks:

So, was haben Sie denn fuer eine Vorstellung von mir, die dazu fuehrt, dass Sie denken, dass ich meine Kleider wasche?

06.02.2008 / 01:42

Kommentar #6 von Frau Grasdackel:

Dass die Kleider gewaschen werden, das unterstelle ich vielen Menschen. Doch wenn es sich dabei eigentlich nur noch um Dreck handelt, tun dies wahrscheinlich nur noch die wenigsten. Sie jedoch waschen selbst dann noch, da Sie in meiner Vorstellung äusserst fleissig, akribisch, loyal und nachhaltig sind. Darf ich Ihr Sternzeichen erfahren?

06.02.2008 / 04:28

Kommentar #7 von Aleks:

So wird das nichts, hinterher werden Sie sagen "habe ich gleich gewusst", aber das kann jeder. VORHER muss man sagen, was man gleich gewusst hat.

06.02.2008 / 12:52

Kommentar #8 von Frau Grasdackel:

Sie unterstellen mir da einen Charakterzug, den ich so nicht innehabe. Aber jetzt kann ich zumindest wahrheitsgetreu sagen, dass ich schon vorher gewusst habe, dass Sie mir Ihr Sternzeichen nicht so ohne weiteres verraten werden. Nach reiflicher Überlegung und unter Anwendung des Auschlussverfahrens tippe ich auf Steinbock oder Jungfrau. Oder doch Skorpion? Sie wühlen ja gerne im Schlamm.

07.02.2008 / 01:14

Kommentar #9 von Aleks:

Ich bleibe dann doch lieber bei Astronomie.

07.02.2008 / 17:41

Kommentar #10 von R.K.S.:

Lieber Aleks Scholz, Ihre Kommentarleistung ist gewaltig, ein bisschen kann ich das nachvollziehen, schliesslich treibe ich dieses Geschäft, für mich allein, mit allen mir zur Verfügung stehenden Mittel auch schon ein paar Jahrzehnte. Mein Resumée: Die Physiker sitzen in der Plausibilitätsfalle: Die Leistung der Physiker ist gewaltig, das steht ausser Frage, man kann schliesslich zum Mond fliegen, wenn man will, aber die Erklärung des Universums, bei allem Zutreffen in vielen Details, sie ist am Ende einfach nicht überzeugend: Alles viel zu kompliziert. O.K., die Natur hat's gewiss insich, aber diese Elektronen-Zig-Zaggerei und Ähnliches, das kann doch keinen mehr wirklich überzeugen. Es ist eben ein Unterschied, ob man etwas rechnen kann (zählen) oder beschreiben (erzählen); und die Erzählungen der Physiker überzeugen mich nicht mehr.

07.02.2008 / 18:55

Kommentar #11 von Laika:

bild 1: ich würde auch mein the who t-shirt zum contest anziehen, wenn ich eins hätte. daher müsste wohl das postal service t-shirt herhalten. natürlich über dem neoprenanzug. ich glaube ich gehe dann doch lieber mit dem r-rad in die landschaft, ohne neopren, da bekommt man auch ab und zu schlamm ins gesicht und doch ist kein tag wie der andere.

07.02.2008 / 19:19

Kommentar #12 von Aleks:

Lieber Herr Sander, man darf die Komplexitaet der Welt natuerlich nicht den Physikern anlasten, sondern eben der Welt, und allein ihr gilt mein Hadern. Mit Menschen hadern, das waere viel zu einfach. Schon bewundernswert, wieviel Zwischenboeden sie eingezogen hat, zwischen dem Fundament und einer anschaulichen Erklaerung, diese Welt da. Aber vielleicht sind Sie auch nicht Herr Sander, sondern nur ein Modell von Sander, das den wirklichen Herrn Sander lediglich auf komplizierte Art und Weise wiedergibt, aber nicht Herr Sander ist. Wer weiss.

07.02.2008 / 20:21

Kommentar #13 von R.K.S.:

Ja, das ist wahr, so möchte man impulsiv sprechen: Ist man nicht als Individuum in der gleichen Lage wie das Universum: Man ist ein hochkomplexes Wesen, man kann sich schliesslich nicht selber erklären, also beauftragt man die Evolution, bitte, schicke mir einen, der es schafft, mich zu erklären. Also machen sich alle die armen Physiker auf den berufenen Berufsweg und erfinden Geschichten, nur um diese SCHÖNE, die Undurchschaubare, zu durchschauen. Wie soll ich wissen, ob ich es bin, nur weil ich es bin. Aber es stimmt ja: Die armen Physiker darf man niemals beschuldigen, es ist eben die Natur, das Universum, die Canaille.
Ich grüsse Sie, Sie sind ein kluges Kind.

07.02.2008 / 23:02

Kommentar #14 von Frau Grasdackel:

Ach Papperlapapp. Man braucht doch nur das Sternzeichen um sich zu erklären. Jetzt spucken Sie Ihres halt aus, Herr Dr. Scholz! Mich interessiert das wirklich.

07.02.2008 / 23:36

Kommentar #15 von Ruben:

Herr Sander, Sie reden teils so königlichen Stuss zusammen, man muss Ihnen einfach wohlgesinnt sein.

08.02.2008 / 17:22