29.01.2008 / 14:09 / Jochen Schmidt liest: Liebe als Passion (Niklas Luhmann)

Krude ist der Drang (45-48)


Gemässigtere Form der wechselseitigen Verhaltensanpassung als Liebe
Die Liebenden beobachten sich ständig auf Zeichen von Liebe, auch wenn ich nur das Auto lenken muss und das nicht in einer irgendwie speziellen Weise tun kann, die den Partner jederzeit spüren lässt, dass ich so noch nie jemanden gefahren habe, dass ich nur für ihn und durch ihn in dieser Weise bremse, beschleunige und lenke. Im Grunde erinnert das ein wenig an das Beischlaf-Dilemma, wo ja auch von den Primaten ererbte, den Reibungsgesetzen geschuldete, jedenfalls kaum zu customizende Bewegungsmuster mit dem Pathos der Einzigartigkeit aufgeladen werden müssen, um zu kommunizieren, dass Sex für einen noch nie, womöglich sogar auch noch nie für andere so stattgefunden hat. Sonst müsste sich der Partner ja völlig austauschbar fühlen.

Der lehrreiche und zu empfehlende Rollentausch zwischen Alter und Ego könne von starren Rollendifferenzierungen erschwert werden (Frau kocht, Mann wartet) oder von technischen Erfordernissen (Autofahren). Die Interaktion der Liebenden muss aber ausdifferenziert werden. "Neben der körperlichen Berührung ist ein Gespräch eine hierfür besonders geeignete Form." Rührend unschuldig klingt die Soziologie, wenn sie sich einmal den Tätigkeiten zuwendet, mit denen wir normale Menschen so unsere Zeit verbringen.

Die Kommunikation könne leicht zusammenbrechen, weil sich in Bezug auf Liebe "enttäuschungsanfällige Erwartungen" bilden. Die Individualität könne durch den Anspruch auf Anerkennung eigensinniger Welt- und Selbstauffassungen zur Zumutung werden. Ein hochentwickelter Individualisierungsgrad erschwere Intimverhältnisse. Denn Konflikte werden den Personen zugerechnet und nicht als blosse "Verhaltens- oder Rollenkonflikte" behandelt. (Was wie eine universelle Ausrede klingt. Nicht ich habe dich schlecht behandelt, sondern meine Rolle. Wenn du ein Problem damit hast, mach das mit meinem Verhalten aus, aber halt mich da raus.)

Ist dauerhafte Intimität unwahrscheinlich und muss man der banalen Weisheit glauben schenken: "Die Liebe höre zwangsläufig auf und müsse durch gemässigtere Formen der wechselseitigen Verhaltensanpassung ersetzt werden"? Wieso müht man sich dann "wenn auch nur eine zeitlang, mit einem so schwierigen Unternehmen ab"? Der "krude Hinweis" auf "Bedürfnisse nach sexueller Befriedigung" erkläre hier nichts. Motive seien ein Produkt der symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien. "Sie sind selbst ein Artefakt soziokultureller Evolution." Die "anforderungsreiche Alltagsorientierung" für das "Wagnis Liebe" stützt sich auf eine tradierte Semantik.

Wenn man das so liest, könnte man sich vorstellen, dass Liebe eigentlich auch ein gutes Thema fürs Kino oder sogar für eine eigene Fernsehserie abgeben müsste. Stoff genug gäbe es, man müsste es vielleicht nur ein bisschen aufpeppen, mit einem Bombenangriff auf Pearl Harbour etwa, oder indem man das Verhältnis um den Autohändler erweitert.

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Kommentar #1 von Laika:

Ja, warum müht man sich ab und geht einen sinnlosen Kompromiss nach dem anderen ein?
Meine Eltern sagen, hätte es die DDR noch ein Jahrzehnt länger gegeben, wäre man nackt in Konzert gegangen. Ich glaube Sie finden das gut.

29.01.2008 / 14:15

Kommentar #2 von R.K.S.:

Man kann die ohnehin komplexen Kommunikationsverhältnisse auch durch unnötig überkomplexe Semantiken zershreddern durch zerreden. Bitte, wem's gut tut, aber dann nicht zwischen den Zeilen so tun, als wäre der arme Luhmann daran schuld.

29.01.2008 / 19:23

Kommentar #3 von Jochen Schmidt:

Nein, Luhmann ist doch der beste, und so ein bisschen Spott verträgt er locker.

29.01.2008 / 21:38

Kommentar #4 von corinna:

Luhmann ist mit Nichten der beste, the best ist Goffman, allein wie er beschreibt wie eklig das wäre wenn man die eigene spucke aus einem glas trinken muesste, geschweige denn die von anderen menschen, herrlich!

04.02.2008 / 09:32

Kommentar #5 von R.K.S.:

Das Beste ist offensichtlich die angeleitete Phantasie experimentierender Damen.

06.02.2008 / 10:15

Kommentar #6 von irgendwem:

danke schön! (aber was meinen Sie mit angeleitet? würden Sie das für Ihre eigene phantasien auch reklamieren oder ist das ein seitenhieb auf "das" weibliche gehirn?)
und hat Goffman nicht recht, wer würde denn jemals freiwillig ein glas spucke trinken? das können Sie ja erforschen! vielleicht irgendwelche kultisten, ich jedenfalls nicht!

06.02.2008 / 11:39

Kommentar #7 von R.K.S.:

"angeleitet" bezog sich lediglich auf die behauptete Goffman-Lektüre.

06.02.2008 / 15:41

Kommentar #8 von corinna nicht irgendwer tschuldigung:

wieso behauptet? den hab ich wirklich gelesen, luhmann nicht. und haben sie jemand gefunden der sie defür bezahlt, soziologe zu sein? schön wäre es!

07.02.2008 / 14:53

Kommentar #9 von corinna:

morgen, am samstag um 6.45 uhr geht es in bb radio um merkwürdigen sex und es erzählt jemand, der in eine eisenbahn verliebt ist – auch bei diesem experiment möchte ich nicht live dabei sein. helau!

08.02.2008 / 13:00

Kommentar #10 von R.K.S.:

Liebe Corinna, nie habe ich gewzeifelt, dass Sie ihn gelesen haben, den Goffman; aber: Wer so gut Goffman gelsen hat, sollte sich eben Luhmann nicht entgehen lassen.
Sie haben recht: Mit Soziologie, und sei sie noch so komplex und intelligent, ist auf dieser Welt schwerlich richtiges Geld zu verdienen.

09.02.2008 / 18:01

Kommentar #11 von corinna:

Sagt das ein unterbezahlter Professor oder womit verdienen Sie Ihre Miete?
War Luhmann verheiratet als er das geschrieben hat? Und hat er die 300 Jahre Liebesliteratur selber gelesen oder hat er sich einen süssen kleinen Stab Romanistinnen engagiert? Ich habe die nächsten 2 Kapitel gelesen , EINmal konnte ich laut lachen!

11.02.2008 / 09:44

Kommentar #12 von R.K.S.:

Liebe Corinna, Sie liegen völlig daneben: Meine Miete habe ich mir mit den Konditionen, die andere gemacht haben, in 43 Arbeitsjahren "verdient". Ob zu recht, müssen andere entscheiden. Professor bin ich nicht, war ich nicht, mein Titel ist Volksschüler; etwas mickrig, zugegeben.
Luhmanngenuss ist eine Langzeitübung. So schnell darf man da nicht aufgeben. Er hatte übrigens keine Assistenten, Assistentinnen schon gar nicht, er war ein Einzelkämpfer: "Wenn ich mich um Doktoranten kümmern müsste, käme ich ja nicht zum arbeiten", soll er gesagt haben; deshalb mussten seine "Schüler" bei anderen Doktorvätern promovieren. Tschüss.

12.02.2008 / 20:24

Kommentar #13 von corinna:

Lieber Herr R. K. S. so richtig schlau bin ich jetzt immer noch nicht. Was ist denn ein Volksschüler? Sie haben nie studiert oder Sie gehen jetzt in eine VHS? Was haben Sie denn gearbeitet? in meinem büchlein über luhmann steht man müsse 300 bis 400 seiten lesen bevor man sich an die begriffe gewöhnt. Tschö!

13.02.2008 / 12:45

Kommentar #14 von R.K.S.:

Liebe Corinna,
ich kann ja hier nicht mein Leben ausbreiten (79), denn die Chefin würde sofort die Notbremse ziehen.
Ein Volksschüler ist einer, der seine "Bildung" auf den Besuch einer alten achtklassigen Volksschule gründet (1935-1943), dazu eine Menge gelesen. Alle übrigen Ausbildungsgänge waren pädagogisch nicht so ertragreich: Ingenieurschule (abends), wegen Flucht aus Ostberlin abgebrochen; Industriemeisterlehrgang, Fachrichtung Feinwerktechnik, Abschluss mit "Sehr gut" (kannte ich alles vorher, brauchte aber das Zertifikat); Abendgymnasium, abgebrochen wegen 68er Wirren in Wiesbaden: Schule geschlossen, ein Lehrerselbstmord, der Direktor geschasst, kurz: perfektes Chaos, ich habe gepasst, wurde gerade Amtsrat und zog mich an meine private Schreibmaschine zurück, um dort meinen Ehrgeiz abzuarbeiten.
siehe: www.textsteller.de

13.02.2008 / 15:30

Kommentar #15 von corinna:

welche chefin? ihre frau? lustig! dann sind sie doppelt so alt wie
ich. bei den nazis konnte man doch herzlich wenig lernen oder? was
haben sie denn da gemacht, schädel vermessen? latein für
aufzählmaschinen und in musik nicht mal mendelssohn...? werde mal
nachsehen bei textsteller, aber heute wirds nix mehr. viele Grüsse!

14.02.2008 / 13:16

Kommentar #16 von R.K.S.:

Mein Gott, Corinna, Sie können einfach nicht im Kontext lesen: Frau Kathrin Passig, die Chefin dieser Liste, sie wacht darüber, dass die Schreiberei hier nicht überbordet.
Was haben Sie nur in Ihrem Gehirn? Soviel an Danebendenken ist mir schon lange nicht mehr begegnet.
Im Mai 1945 war ich 16 1/2 Jahre alt: Schädelvermesser waren älter. Falls Sie repräsentativ sind für denkschwache junge Leute, verstehe ich so manches.
Ich werde Ihnen nicht mehr antworten. Es wird mir zu dumm.

14.02.2008 / 22:22

Kommentar #17 von corinna:

meine antwort wurde zensiert, wie nett!

18.02.2008 / 11:03

Kommentar #18 von corinna:

wie komme sie darauf das ihr kontext meiner sein könnte? ich denke halt in andere richtungen als sie und ich beleidigte hier lediglich die schädelvermesser, keineswegs Sie. statt mir zuzustimmen dass die nazis nicht allzu viel bildung drauf hatten beleidigen sie mich in aller öffentlichkeit, how rude is that? sicher waren die schädelvermesser älter, ich wollte wissen was die ihnen beigebracht haben.

18.02.2008 / 11:35

Kommentar #19 von die neugierde:

Wann gehts den hier mal weiter? also mit herrn luhmann und herrn schmidt meine ich. ich gucke nach und gucke nach und immer noch diese nackten tischtennisspieler im grünen... jetzt können sie wieder besser bulgarisch sprechen und kennen die strecke des halbmarathons, aber der herr luhmann wird bitter vernachlässigt, wie schade.

06.04.2008 / 21:35