17.12.2007 / 17:44 / Kai Schreiber liest: The Power Broker (Robert A. Caro)

Waschen und Lüften (281-322)


"[Moses] wollte, dass die properen, adretten Studenten sich bückten, [um den Müll aufzuheben]. So würden die mehr beschämt, die den Müll hinwarfen."
Wir haben das Reich des Idealismus, in dem ein privilegierter Ivy League Student selbstlos in den Dienst der Öffentlichkeit treten wollte, längst verlassen und irren grossäugig durch den Wald der Politik. Ich jedenfalls irre grossäugig, weil das schiere Ausmass der Mafiosität mich dann doch überrascht, Moses irrt wohl eher grossmäulig, beziehungsweise genauer gesagt wie der kleine Spanier aus Asterix. Es ist kein Wunder, dass Gouverneur Roosevelt sich jedes einzelne Mal Luftanhalten und Rücktrittsdrohung merkt. Dass man mit sowas tatsächlich durchkommt, wieder und wieder macht mir staunende Augen wie Marmormurmeln. Klar auch, dass FDR sich an Moses nach Kräften rächt, sobald er in ein paar Dutzend Seiten Kriegspräsident geworden ist und nicht mehr direkt erpressbar. Moses ist ein Trotzkopf und eine Nervensäge, und ein kleines bisschen ein Arsch ist er auch.

Andererseits kriegt der Arsch Dinge erledigt sonder Maaszen. Wenn die Prokrastination in der dunklen Mitte des Universums wohnt, sagen wir in Berlin, dann wohnt Moses an seinem feurig brennenden Rand und treibt es zu weiterer Ausdehnung an. Die frisch gewonnenen Universumsteile tapeziert er dann sofort mit Parks, denn:

He loves the public, but not as people. The public is just the public. It's a great amorphous mass to him; it needs to be bathed, it needs to be aired, it needs recreation, but not for personal reasons – just to make it a better public.

Die Öffentlichkeit waschen und lüften, damit sie sich bessert! Eine brillante Idee. Und schon hat er unsere Sympathien zurück, der knuffige Racketeer-Racker. Wer könnte ihm lange böse sein?

322 von 1162 Seiten

Kai Schreiber / Dauerhafter Link / Kommentare (1) / Buch kaufen und selber lesen


Kommentar #1 von bjoern:

masse und individuum schein ein groszes amerikanisches thema zu sein, kennen sie "the fountainhead", zugegebenermaszen fiction, ist ulkig wie unterschiedliche grund/an-sätze zu ähnlichen ergebnissen kommen...

17.12.2007 / 21:34