10.12.2007 / 17:01 / Volker Jahr liest: Reise um die Welt (Georg Forster)

Die Schrecken des Eises und der Finsternis (0-0)


Forster am Südpol in Ausgehuniform
Im Januar 2006 hat Wolfgang Herrndorf im Rahmen der Wunderwaffenwoche in der Riesenmaschine seine Recherchen zum Haunebu vorgestellt. Mit diesen Reichsflugscheiben haben sich, so die braune Legende, Adolf und seine Nazischergen in den letzten Kriegstagen nach Neuschwabenland in die Antarktis abgesetzt, wo sie seither an ihrer Reconquistation basteln. Ich musste das seinerzeit nachgugeln respektive nachwikipeden und stiess, das Internet ist ein Dorf, beim Stichwort Neuschwabenland auf meinen alten Freund Karsten, der 1986 ein halbes Jahr auf der ersten Neumayer-Station der Bundesrepublik Deutschland am Südpol damit zubrachte, für seine Doktorarbeit Neuschwabenland zu kartieren und die Flugwege der Deutschen Antarktischen Expedition 1938/39 zu rekonstruieren. Nach seiner Rückkehr wusste er anschaulich über die Schwierigkeiten zu berichten, bei minus 40 Grad Celsius zu pinkeln, ohne sich irreparabel dabei zu beschädigen.

Während es inzwischen schon Neumayer II gibt und sogar Neumayer III bereits geplant wird, war 1993 Schluss mit der Georg-Forster-Station, die die DDR 1976 ins ewige Eis gestellt und nach dem Autoren des hochpreisigen Bandes benannt hatte. Sogar eine eigene Poststation richtete man dort ein und stempelte die Briefe der Expeditionsteilnehmer mit einem Forster-Stempel ab, und gerade habe ich beim Schreiben eine etwa fünfminütige Pause gemacht, um bei ebay für einen solchen Umschlag mitzubieten, man muss ja alles an Forsterfetzen ergreifen, was man kriegen kann und keine 79 € kostet. 1985 kam es, da der "Schlittenzug in einen Schneesturm" geriet, infolge "undichter Container zu einer Durchweichung und Verfärbung der Briefe", wie den Empfängern einer Charge mittels eines eigens gefertigten Sonderstempels auf dem Umschlag mitgeteilt wird.

Die Vereinnahmung Forsters in Form einiger Metallbaracken im ewigen Eis durch Ostberlin lag auf der Hand: Offene Sympathie mit der französischen Revolution einerseits, der erste Deutsche, der südpolaren Boden betrat andererseits, wenn man South Georgia, das die Forsters gemeinsam mit Cook entdeckten, wohlwollend dem antarktischen Territorium zuschlägt. Als Antwort auf eine mögliche 64.000 €-Frage von Günter Jauch nach dem ersten Deutschen am Südpol sollte man Georg Forster jedenfalls im Hinterkopf behalten, obwohl, eventuell ja auch seinen Vater Reinhold, genau weiss ich das erst, wenn ich das Antarktiskapitel im hochpreisigen Forsterband nachlesen kann.

Schlechte Nachricht: Ich habe erfahren, dass ich den hochpreisigen Forsterband nicht als Weihnachtsgeschenk bekomme, sondern zum Geburtstag.
Gute Nachricht: Ich habe am 24. Dezember Geburtstag.


Kommentar #1 von øle pinguin:

eindeutig meine lieblingsrezension.

10.12.2007 / 18:24

Kommentar #2 von Rudi K. Sander:

Am 24 Dezember habe ich auch Geburtstag, aber leider keine Chancen auf den schönen Försterband.

11.12.2007 / 09:12

Kommentar #3 von Ismaels Wörterpresse:

Gloriose und ansteckende, aufschlussreiche und, äh, gloriose Rezension. Wenn eins jetzt am sagen wir mal 6. Mai Geburtstag hätte, täte es dann nicht die praktische Familiensparversion? – :
http://tinyurl.com/ywauaq
Ja, ja, nicht dieses haptische Festessen, schon klar, geschenkt, geschenkt. Trotzdem: Insel kann so tröstlich sein.

12.12.2007 / 02:15