04.12.2007 / 09:39 / Volker Jahr liest: Reise um die Welt (Georg Forster)

Das Huhn der Depression (0-0)


Ob auf Forsters Kajütenfensterbrett der Bluebird of Happiness sass?
Einer der schönsten Cartoons des von mir überaus verehrten Gary Larson zeigt einen dicken Mann, der in Richtung seines Fensterbretts schaut, auf dem ein Huhn sitzt und ihn anstarrt. Die dazugehörige Bildunterschrift lautet: "The Bluebird of Happiness long absent from his life, Ned is visited by the Chicken of Depression". Während des Studiums erklärte ich einer Frau mal begeistert diesen Cartoon, und als ich fertig war, fragte sie: "Und was macht das Huhn dann?" Wir haben danach nicht mehr viele Worte miteinander gewechselt.

Auch ich werde allmählich vom Huhn der Depression heimgesucht, da ich schon seit drei Wochen fiebrig nach dem Forsterschen Prachtband dürste wie der skorbutkranke Seefahrer nach Sauerkraut und erst das Weihnachtsfest Erlösung verspricht, aber auch nur eventuell, denn Hase (Steuerklasse III) hüllt sich in fortgesetztes Schweigen, was die Realisierung meines Wunschzettels angeht.

Skorbut, so erfahre ich durch langeweileinduziertes Herumgugeln, hört auch auf die schöne altertümliche Bezeichnung Scharbock, und von da ist es nicht mehr weit zu der in der Sekundärliteratur dokumentierten Ansammlung "lebender Tiere vom Kapland", die Forster und sein Vater nach ihrer Rückkehr stolz der englischen Königin überreichten, darunter

"einen Springbock, ein Schnarrtier (1 einziger Gugeltreffer!) oder Erdhündchen, zwei Adler und einige kleinere Vögel; ferner eine Taube, von der Reinhold behauptete, es handle sich um eine Muskatnussfresserin (0 Treffer, 2 in der männlichen Variante) von der Insel Tanna, was der Astronom Wales vehement bestritt."

Aber all diese Pseudoerkenntnisse sind Ausgeburten meines forsterlosen, an der Grenze zwischen Südkontinent und Delirium dahinsegelnden Fieberwahns; vielleicht verschreibe ich mir, wie der sterbende Forster in seiner Pariser Dachkammer, zur Linderung ein klein wenig Opium und sehe nach, was die anderen, die schon das Glück und die 79 € hatten, darin zu lesen, so vom Forsterband denken. Erste Anlaufstelle in diesem Fall sind die Rezensionen bei Amazon. Hier schreibt beispielsweise
Neuro Mat (Leser) aus der Schweiz:

"Zugegeben, ich war da skeptisch, besonders als mein Siebenjähriger unbdeingt (sic) dieses Buch haben wollte, so dass keine andere Möglichkeit als die Anschaffung blieb. Na gut, dachte ich, wenn ein Siebzehnjähriger der Autor ist, warum soll dann ein Siebenjähriger nicht (zusammen mit den Eltern) das auch lesen.
Jetzt, haben wir das Buch immer noch nicht aus – wie auch, mehr als 600 Seiten – und machen jeden Tag eine neue Entdeckungsreise, eine spannender als die andere, die nächste amüsanter als die jetzige.
Wo lag dieses geniale Werk so lange verschollen herum (na klar, bei den Engländern :-)), darf man sich fragen und wird wieder im Entdeckerdrang bestätigt: Es gibt immer wieder noch unentdeckte Schätze auf dieser Welt (...) und meine Skepsis, die ist – wie hier jeder heraushören kann – längst einer Begeisterung gewichen."

Na klar, bei den Engländern!, denke ich und bin in meinem Entdeckerdrang bestätigter als je zuvor. Danke, Neuro Mat aus der Schweiz, für die Vertreibung des Huhns der Depression.

Geschenktipp fürs Fest: Die komplette Farside Collection von Gary Larson gibt es in ähnlich prachtvoller Ausstattung (ich nehme mal an kalandert, gaufriert, usw.) wie den Forsterband zu einem ähnlich teuren Preis übrigens auch zu kaufen.

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