29.11.2007 / 13:07 / Kathrin Passig liest: Alles (von allen)

Tom Hodgkinson: How To Be Free (1-340)

Ich verstosse gegen die 20-Seiten-Regel, lese
How To Be Free aus Langeweile komplett auf dem Flug von Glasgow nach Berlin, schlafe dann ein und verdamme im Traum gemeinsam mit dem Autor die Zivilisation. Im Landeanflug erwache ich mit dem jähen Gedanken, dass jetzt nicht der Moment für Zivilisationskritik ist, den Rest der Strecke verbringe ich damit, die Zivilisation gutzuheissen.

Warum schwenken alle Utopisten eher früher als später in den Utopistenmainstream ein und fordern dann unweigerlich das Wohnen auf dem Lande, die Heranzucht eigenen Gemüses und die Wiedereinführung der mittelalterlichen Zünfte? Es hatte doch so gut angefangen mit Mr. Hodgkinson. "How To Be Idle" war ein Buch voll kluger Ideen, während "How To Be Free" keinen Gedanken enthält, den man nicht auch gratis hinten auf der Öko-Frühstücksflockenpackung aufgedruckt findet. Und wer gleichzeitig den Konsum verdammt und sich damit brüstet, sein Geld stattdessen in den Kauf von Büchern zu stecken, der darf ruhig ein paar Jahre beim Hilfscheckerbunny in die Lehre gehen, dessen kleiner Zeh mehr vom Konsum versteht als der ganze Mr. Hodgkinson.

Dazu kommt, dass der Autor das glatte Gegenteil von allem fordert, was Sascha Lobo und ich im Prokrastinationsbuch zu fordern gedenken: Ausgerechnet von Tom Hodgkinson muss man sich jetzt anhören, man brauche sich doch nur regelmässig einmal hinzusetzen und seinen Papierkram in Ordnung zu bringen, ausserdem sei Outsourcing nur die moderne Form der Sklaverei. Nach der Lektüre musste ich mich durch stundenlangen Konsum schematischer, unpersönlicher und von Grosskonzernen diktierter Inhalte aus dem Internet, mehrere Onlinebestellungen bei Markenanbietern und den Verzehr denaturiertester Lebensmittel purgieren. Wer meine Ausgabe von "How To Be Free" haben möchte (Konsumverweigerung! Geschenkökonomie!), der maile seine Adresse an die Lesemaschine.

Prokrastinationsbuch: 13 von 200 Seiten geschrieben.


Kommentar #1 von Kathrin:

Bei näherer Betrachtung kann ich das Buch nur an Selbstabholer abgeben. Erstens wegen einer ausgeprägten Postwegbringschwäche, zweitens ist ja auch die vollautomatisierte Post sicher nur ein Teil des entmenschlichten Schweinesystems.

30.11.2007 / 16:08

Kommentar #2 von Frau Grasdackel:

Hängen Sie das Buch doch an ein paar Luftballons und schicken es so auf seine Reise ins Glück. Jeder, der es gelesen hat oder auch nicht, muss es auf diese Weise weiterschicken. Für eine gutere Welt.

01.12.2007 / 04:23