03.11.2007 / 08:54 / Kai Schreiber liest: The Power Broker (Robert A. Caro)

Von der Macht (3-31)


MACHT!
Manche Leute nennen ihre Fernbedienung "Die Macht", eine hübsche Illustration der Tatsache, dass es den Menschen nach Einfluss und Anerkennung verlangt, und er sich notfalls eben eine Welt bastelt, die klein genug ist, von ihm klaglos regiert zu werden. Ich zum Beispiel habe die volle Gewalt über die Form meines Kissens, mit einem Fingerschnippen entstehen da Kuhlen und Dellen. Eine blosse Handbewegung schafft einen Knick. Es hilft aber alles nichts, der Ziegel ist zu dick, im Bett kann man das nicht lesen. Im Bett soll man ja sowieso nicht lesen, denn wenn man einschläft und das Buch ist noch offen, laufen die Buchstaben aus und sauen alles ein. Zapp.

Das recht lange Vorwort des Ziegels hat offenbar den einzigen Zweck, uns die groteske Bedeutung Moses vorzurechnen. Brücken, Expressways, Parkways, Dildos, Parks, Spielplätze, Wohnblocks, Hamsterräder, es hagelt Gebäude, Gelände und Zahlen, und zwar grosse. Hunderttausende mussten aus- und umziehen, Millionen wurden vergeudet, für Milliarden wurde gebaut, Brillionen Tonnen Beton in Grillionen Betonpfeilern vergossen. Moses also hatte eine immense Fernbedienung, und Caro schielt ihm neidisch aufs Gerät. Zapp.

Interessanter als dieses Stadtplanerquartett (sieben Zylinder, fünftausend PS, eine Brillion Tonnen Beton) sind vielleicht die beiden Anekdoten, die sich hier wie zwei Duellanten vor dem Auseinanderschreiten Rücken an Rücken gegenüber stehen. Oder vielmehr ja wohl das Gegenteil von gegenüber. Vielleicht aber auch nicht, denn die Schwimmstory ist eher lahm, der wortlos einknickend den Wisch unterschreibende neugewählte Bürgermeister ein dummes Klischee, und die Pointe des ganzen dünn und fade. Zapp.

Schön hingegen die Vorstellung, der Zar der Brücken und der Tunnel habe in einem Betongebäude unter einem Knoten aus Strassenschleifen gehockt wie eine fiese Kröte im Netz einer haarigen Spinne, und den Vorbeifahrenden den Tribut in Nickeln und Daimen aus den Taschen gelutscht. Zumal ich in unmittelbarer Nähe dieses Krötenlairs erst ganz kürzlich mit vierzig Killionen anderen rumstand und LCD Soundsystem und Arcade Fire hörte, nichts Böses ahnend. Kalte Schauer. Angst. Und alles vor dem ersten Kapitel.

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Kai Schreiber / Dauerhafter Link / Kommentare (1) / Buch kaufen und selber lesen


Kommentar #1 von Ein werdender Fan:

Warum zögern die potentiellen Leser hier so dauerhaft mit dem kommentieren? Kommen sie von der gewohnten kost der Riesenmaschine nicht los? Schade, dass man so viel nicht weiss.

07.11.2007 / 16:59