05.01.2008 / 00:13 / Aleks Scholz liest: The Road to Reality (Roger Penrose)

Verallgemeinerte Orte (471-492)


Selbstporträt (typähnlich)
Foto, Lizenz
Physiker sind entweder Theoretiker oder richtige Menschen. Entweder sitzen sie in einem chaotischen Büro mit einer schwarzen Tafel, die mit seltsamen Zeichen überfüllt ist, oder aber sie stehen in fensterlosen Laboren und stecken ihre Finger in Apparate. Was man normalerweise für Physik hält – Kräfte, Kurzschlüsse, Kabelsalat – ist alles experimentelle Physik. Die Welt der theoretischen Physik, kurz Theo, jedoch ist ganz anders.

Der russische Theo-Klassiker Landau-Lifschitz, ein 10-bändiges Werk, befasst sich im ersten Band (231 Seiten) mit Klassischer Mechanik, ein Thema, das Penrose komplett in Kapitel 20 (21 Seiten) abhandelt. Im LL1 liest man nichts als abstrakten Formalismus, ohne jede Physik, so scheint es, bevor man ungefähr auf Seite 100 in einer Fussnote erfährt, dass es sich bei diesem geheimnisvollen H, der Hamiltonian, eine bis dahin leere Hülle, in den meisten Fällen (aber nicht immer) um die gute, alte Energie handelt, die man vom Lagerfeuer kennt. Das kann einen echt fertigmachen, nichts zum Anfassen zu haben.

Es ist ein Schock, der Übergang von Energie zu Hamiltonian, von Raum zu Phasenraum, von richtigen zu verallgemeinerten Impulsen. Der Schock des Abstrakten – weder Penrose noch mir fallen Mittel ein, ihn zu lindern. Abgesehen von Füchsen vielleicht.

Aber es lohnt sich, denn wenn man ankommt im Reich des Abstrakten, dann fallen grossartige Dinge vom Himmel, zum Beispiel das Noether-Theorem: Zu jeder kontinuierlichen Symmetrie eines physikalischen Systems gehört eine Erhaltungsgrösse und umgekehrt. Was das bedeutet: Die Erhaltung von Energie, Impuls, Drehimpuls, Ladung usw., sind zwar praktisch sehr wertvoll, wenn das Patentamt wieder mal ein Perpetuum Mobile ablehnen muss, aber doch irgendwie magisch. Mit dem Noether-Theorem sind die Erhaltungssätze nun fest assoziiert mit Symmetrien in dieser Welt, also geometrischen Eigenschaften von Raum und Zeit. Die Energieerhaltung folgt zum Beispiel aus der Homogenität der Zeit – sie hat keinerlei Punkt, der irgendwas besonderes wäre. Was die Magie natürlich keineswegs verringert, ganz im Gegenteil.

Die Vermehrung des Geheimnisvollen in der Welt, das ist unser Auftrag.

492 von 1049 Seiten

Aleks Scholz / Dauerhafter Link / Kommentare (7) / Buch kaufen und selber lesen


Kommentar #1 von Rudi K. Sander:

Das könnte den Politikern so passen: sich hinter Aleks Scholz' Physikauffassung zu verstecken und das Geheimnisvolle zu vermehren.
Unsere Aufgabe muss es sein, die wahren Strippenzieher allen gesellschaftlichen Geschehens beim Klarnamen zu benennen, damit man uns weniger hinter's Licht führen kann.

05.01.2008 / 13:54

Kommentar #2 von Aleks:

Nagut, dann machen Sie das doch mal hier. Der wahre Strippenzieher ist:

05.01.2008 / 15:46

Kommentar #3 von Laika:

Endlich wieder Tiere und Ihre Abbilder. 2008 = like heaven.

07.01.2008 / 13:24

Kommentar #4 von Laika:

Derart elegant die Vorderbeine von sich zu strecken, den Kopf darauf abzulegen und dabei einen so ausgeglichenen Blick zu haben, das ist, also – umwerfend.

07.01.2008 / 13:42

Kommentar #5 von Aleks:

In Wahrheit ist es natuerlich viel anstrengender, die Ohren so weit offen zu halten.

07.01.2008 / 19:10

Kommentar #6 von Frau Grasdackel:

Damit sind Sie nicht alleine, Herr Dr. Scholz. Der Freund meiner Schwester sieht und fühlt sich schon von jeher als Wolf. Vielleicht sollten Sie einen Männerzoo gründen. Wäre sicher ein Erfolg.

08.01.2008 / 02:29

Kommentar #7 von Laika:

Manch anderen Wesen faellt das Offenhalten der Ohren sehr leicht. In Ihrem Fall, moechte ich vermuten, ist es eher einem staendigem auf der Hut vor dem natuerlichen Feind sein geschuldet, oder?

08.01.2008 / 18:18