28.12.2007 / 18:45 / Kai Schreiber liest: The Power Broker (Robert A. Caro)

Neuer Besen (347-401)


Tierhaltung im Central Park vor Moses (Abb. typähnlich).
Nachdem man sich erstmal an die Newyorkigkeit New Yorks gewöhnt hat, an die Strassenschluchten, die Menschen, die Hot Dogs, und an die nackte Tatsache, dass man jetzt tatsächlich in Manhattan steht, fällt einem als Erstes auf, wie unaufgeräumt und durcheinander alles ist. Riesige Haufen von Müllsäcken liegen Tag für Tag am Strassenrand, der Asphalt ist speckig, die Taxifahrer schlecht frisiert, sogar das Wetter ist manchmal nicht gut. Allen Gebäuden wachsen untenrum unansehnliche Gerüsttumore, da wird nicht erkennbar gearbeitet, sie haben keine Funktion, die Tumore stehen einfach überall rum, als sähen sie gut aus. Tun sie aber nicht.

So ähnlich, nur eine Millionen mal schlimmer muss es in der Stadt ausgesehen haben, als Robert Moses damals nicht Bürgermeister wurde. Stattdessen wurde Fiorello La Guardia gewählt, und Moses verschaffte sich vom Blümchen die Oberhoheit über die Parks auch noch in der gesamten Stadt New York – den Staat hatte er ja schon im Sack – um dann mit einem eisernen Besen von hundert Meter Breite durchzufegen. Die Funktionäre und die Faulen feuerte er, und die restlichen Arbeiter peitschte er so lange durch, bis sie freiwillig und singend Hübsches pflanzten und verdreckte Mauern blankschrubbten.

Und man würde diese mehrfache Schrubbery (Ni!) toll finden, man würde sogar wie die Presse damals in lustiges Jubelgeschrei ausbrechen. Dieser neue Moses, würde man jubeln, zaubert nicht nur wie damals der biblische Wasser aus dem nackten Stein hervor, sondern auch Bänke, Büsche und Bäume. Halleluja. Das würde man, hätte Moses sich nicht wieder mal per selbstgeschriebenem Gesetz das Komplett-Popantifikat über jeglichen Parkinhalt verschafft, ohne Rechtsmittel oder Eingreifmöglichkeiten für irgendwen. Der könnte, gruselte sich ein Journalist, den alten ägyptischen Obelisken zu Krümeln zermahlen, und niemand könnte ihn hindern. Das tat Moses zwar nicht, aber ein historisches Gebäude im Central Park machte er platt, als persönliche Rache an einem politischen Konkurrenten.

Zwar baut er dann andererseits auch wieder den Central Park Zoo, guckt dabei wie ein Seehundwelpe und ist dafür verantwortlich, dass der alte Gouverneur Smith, gebeugt mit Hut und Zigarre, nachts über die Fifth Avenue tapert und den Löwen Nachtgeschichten vorliest – aber ich habe Caros Guter-Moses-Böser-Moses-Trick jetzt durchschaut. Aus mir kriegt der kein Wort mehr raus.

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Kai Schreiber / Dauerhafter Link / Kommentare (1) / Buch kaufen und selber lesen


Kommentar #1 von höpeti möpeti:

a) Darf ich mir das ausnehmend schöne Wort Popantifikat für zwei- bis dreimalige Benutzung ausborgen? Ich bürste es auch nachher ab.
Zwotens) bin ich peinlich berührt, dass ich das Ni! erst nachm Gugeln (Shrubbery) erkannte.
Plus) Dann ist ja der Kerl auch verdammt direkt für diesen scheusslichen Film "Madagascar" verantwortlich, in dem zwar zutreffend der Central Park Zoo als Hölle http://maps.google.de/maps?t=h&q=52.512778,13.414444&ie=UTF8&ll=52.512777,13.414446&spn=0.002354,0.007124&z=18&iwloc=addr&om=1 typähnlich) dargestellt, Madagaskar aber absolut inkorrekt als Anti-Aussterbehilfe-Eden charakterisiert wird. Dabei werden auf Madagaskar jährlich hundertmal mehr Arten ausgelöscht als Tiere aus diesem blöden Zoo im Central Park abhauen wollen.

28.12.2007 / 22:40