21.11.2007 / 14:31 / Stese Wagner liest: Der grosse Gatsby (F. Scott Fitzgerald)

Are you on the guest list? (45-62)


Stese Wagner (unfassbarerweise nicht eingeladen). Foto: Jan Bölsche
Wenn man das Buch vom grossen Gatsby liest, hofft man natürlich von Anfang an, dass man irgendwann sein Anwesen in West Egg betreten wird – und herausfindet, was ihn so "great" macht. Irgendwann (genauer gesagt, ab Seite 45) verändert sich das. Die Neugier auf Gatsby als Person verblasst neben dem grossen nagenden Wunsch, einfach nur auf eine seiner Gartenparties gehen zu dürfen.

Ach, was für Gartenparties! Honigsüss fliessen die Worte über die Seiten, die diese Parties beschreiben. Und man selbst, die angehende Dandyette, sieht sich natürlich gleich mittendrin: Beim Sonnenbaden am Privatstrand, beim Trinken von zuckrigem Apfelsinensaft (den Butler mit Spezialmaschinen hergestellt haben!), beim Bewundern von Paradiessalaten am opulenten Buffet, beim Luftküsschen-Tausch mit schicken Bubikopfmädchen, beim Tanzen mit Männern in gutsitzenden Anzügen und – natürlich! – beim Flüstern und Sekt unter Sternenhimmel. Herrlich!

Die Enttäuschung ist dann verständlicherweise gross, wenn statt einem selbst der langweilige Ich-Erzähler auf die Party geladen wird. Und man zusehen muss, wie er sich dort nicht mal richtig amüsiert: Er trinkt zwei Schalen Champagner, hält kurz mit einer Tennisspielerin Händchen und sinkt dann vor Begeisterung fast in Ohnmacht, weil er den leibhaftigen Gatsby kennenlernt. Nun, Gatsby ist recht jung, hat ein Segelflugzeug und redet gerne über den Krieg. Das ist nicht wirklich schlecht. Aber eben auch nichts, was man nicht genausogut in jeder Berliner Bar treffen würde.

Ach, was hätte ich alles aus diesem Abend rausholen können, wenn man mich stattdessen geschickt hätte! Getanzt hätte ich und getrunken, so lange, bis mich ein schöner Mann mit den Worten "Die Musik ist schon seit einer halben Stunde gegangen" über die Schulter geworfen und über das taunasse Gras nach Hause getragen hätte.


Kommentar #1 von bleistifterin:

Merkwürdig – ich hatte immer den Eindruck, der Grossteil von Gatsbys Gästen sei nicht eingeladen gewesen, sondern einfach nur hingegangen? Also bitte, keine falschen Ausreden mehr!

21.11.2007 / 17:49

Kommentar #2 von Die Wucht:

Der letzte Absatz ist ja wohl mal smashing! Hurra!
Weisst Du, Stese, ob

21.11.2007 / 21:16

Kommentar #3 von Kolumnistenschwein:

Allein der letzten zwei Absätze wegen lohnt das Buch zu lesen. Und an das

21.11.2007 / 21:30

Kommentar #4 von Stese Wagner:

Liebe Wucht, eine Frau hätte aus der Party (wie gesagt) mehr rausgeholt, deshalb glaube ich das hat F. Scott Fitzgerald schon selbst geschrieben. Falls im weiteren Leseverlauf Zweifel aufkommen, melde ich mich nochmal. Und: Danke!

22.11.2007 / 12:25